Düsseldorf hält Bonn für völlig reformunfähig

Veröffentlicht auf von felixwernerludwig

PSON-B(etrelsmann), Office Bonn, 3. Mai 2013

 

Bonner Beamte, die nicht miteinander sprechen, Ausgabenpläne nach Gutdünken, fehlende Datenbanken - zwei Jahre nach eintreten des Nothaushaltes bescheinigt die Regierungspräsidentin der Stadtverwaltung komplettes Versagen. Laut Regierungspräsidentin Lütkes fehlt jede Form von Kontrolle, die Experten drängen nun auf eine "Big-Bang-Reform".

 

Bonn - Es ist ein extrem hartes Urteil, zu dem eine Untersuchungskommission aus Düsseldorf kommt: Der Bonner Verwaltungsapparat ist zu Reformen einfach nicht in der Lage. Das habe eine Untersuchung aller Ämter durch Fachleute und deutsche Wirtschaftsprüfer ergeben, berichtet die "Welt".

 

Demnach haben Experten überall einen Mangel an Daten und Fachwissen, Organisation und Zusammenarbeit festgestellt. Die Bonner Verwaltung sei zersplittert und vergeude seit Jahren Geld - und das auch noch knapp zwei Jahre nach Beginn der tiefen Krise.

 

"Bonns zentraler Verwaltungsapparat hat bisher weder die Kapazität noch die Fähigkeit zu großen Reformen", sagte Caroline Varley, die beim Landtag für kommunale Beurteilung verantwortlich ist, der "Welt". Es sei ein harter Befund, der zum ersten Mal systematisch und mit Belegen zeige, was in der Verwaltung nicht funktioniert und was Bonn hindert, mit strukturellen Reformen voranzukommen.

 

Mangel an Systematik


Ein Grund für den Stillstand: Der Oberbürgermeister kontrolliert nach Meinung der Untersuchungskommission viel zu wenig: "Der Oberbürgermeister hat weder die Autorität noch die Kapazität, den Schlüsselabteilungen eine gemeinsame Politik aufzuzwingen."

 

Außerdem hätten die Beamten kaum Kontakt zueinander. In allen Abteilungen fehlten zentrale Datenbanken, Akten und "die Fähigkeit, Informationen aus Daten herauszulesen - wenn Daten überhaupt vorhanden sind".

 

Folgeanalysen, Kontroll- und Korrekturmechanismen seien meist nicht vorhanden - oder wenn sie existierten, seien sie von schlechter Qualität, so Regierungspräsidentin Anne Lütkes. "Der zentralen Verwaltung als Ganzes fehlen die praktischen Werkzeuge, die Kultur und die Fähigkeit, aufeinander aufbauende Politik anzustoßen, umzusetzen und zu überwachen." Kurz: Es bestehe ein Mangel an Systematik.

 

An der Realität vorbei

 

Folgen seien "innerbehördlicher Wirrwarr" und Beamte, die meist nur auf die eigene Abteilung blicken würden. Die Regierungspräsidentin spricht von einer "Silo-Mentalität", berichtet die Zeitung. Ratsvorlagen etwa, würden nach Angaben der Organisation nur in engem Kreis entworfen und verabschiedet - oft, ohne die "Folgen für die reale Welt" zu prüfen, inklusive der Kosten.

 

Das Fazit der Düsseldorfer Experten: Um die in Jahrzehnten aufgebaute Fehlfunktion des Bonner Verwaltungsapparats aufzubrechen, reichten keine vereinzelten Reformschritte. Der einzige Ausweg sei eine "Big-Bang-Reform" im gesamten Verwaltungsapparat - radikale Einschnitte also. Und dafür bleibt OB Nimptsch nicht viel Zeit. "Bonn hat nur noch ein kleines Zeitfenster, um sich zu ändern und zu reformieren, aber es wird kleiner", sagte Varley. "Bis jetzt ist die Performance der Stadtverwaltung sehr schwach."

 

In der Nacht zum Mittwoch hatte der Stadtrat den Sparhaushalt für 2013 gebilligt. Das Paket beinhaltet Steuererhöhungen und harte Budgeteinschnitte. Bereits vor Beginn der Abstimmung kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei.

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