Gekaufte Medien als manipulative Gefahr für die Demokratie.

Veröffentlicht auf von felixwernerludwig

Zuerst ignorieren sie dich (Phase 1), dann lachen sie über dich (Phase 2), dann bekämpfen sie dich (Phase 3) und dann gewinnst du (Phase 4)

 

In diesen Wochen nun ist definitiv "Phase 3" des berühmten Gandhi-Zitats angelaufen. Waffentragende Journalisten nehmen die Maske ab, Verkäufer von bedrucktem Papier erklären offen die Feindschaft, das Hausblatt industrieller Krämerseelen schickt eine Hundertschaft vorgebliche Kronzeugen geprellter Urheber ins Feld, nachdem dort 51 kriminell schlecht informierte Tatort-Autoren beim digitalen Schusswechsel ausgeschaltet wurden, ganz zu schweigen vom unglücklichen Sven Regener, der gegen den Wind pinkelte.

 

Die Möchtegern-Enthüllungsreporter des Cicero, die sogar mit googeln überfordert sind, weigern sich hartnäckig, eine verlangte und von Gesetzes wegen geschuldete Gegendarstellung für ihr Totalversagen anzubieten - pikant, denn ursprünglich hatte Cicero einer Piratin am Zeug geflickt, ausgerechnet ihre digitalen Spuren zu verwischen, versteckt selbst aber seine halbherzige wie unvollständige redaktionelle Richtigstellung auf Seite 3, die eine Woche nach dem versuchten Rufmord ohnehin keiner mehr anklicken wird.

 

Doch in Wirklichkeit geht es der Printesse gar nicht um die Auseinandersetzung in der Sache. Auch diese Leute sind nicht so naiv, wie sie sich geben, sondern wissen selbstverständlich ganz genau, dass es den Begriff "geistiges Eigentum" im deutschen Recht gar nicht gibt. Sie wissen auch, dass die Piraten das Urheberrecht keineswegs abschaffen wollen.

 

Die 51 Tatort-Schreiberlinge werden über die ARD und damit die GEZ besoldet, Downloads von Tatort-Drehbüchern sind bislang nicht beobachtet worden. Auch die in Los Angeles lebende Franka Potente, die ihr Regie-Debut 2006 gar nicht nicht an der Kinokasse, sondern aus öffentlichen Mitteln realisierte, kann nicht wirklich so gnadenlos dumm sein, dass sie kontrollierte Plattformen wie "Youtube" für eine Bedrohung der Urheberrechte hält. Auf der Klaviatur der Angst spielt auch der bayrische Innenminister, der jüngst die Piraten (denen ein ehemaliger CDU-Mann vorsteht) als "extrem linksalternativ ausruft, was dem braven Bürger einen gewaltigen Schrecken einjagen muss, an dem McCarthy seine Freude hätte.

 

Tatsächlich zielen solche Kampagnen also nicht etwa auf ein intellektuelles Publikum ab, sondern sollen bei uninformierten Massen eine Stimmung der Angst erzeugen. Die Piraten sollen als Feinde der beliebten Künstler wahrgenommen werden, die es zu behüten gilt. Dass das Urheberrecht der Gegenwart in erster Linie die Interessen unkreativer Verwerter schützt, welche die Urheber regelmäßig über den Tisch ziehen, fällt dreist unter den Tisch. Soweit der Wahlkampf also in den Printmedien stattfindet, muss zur Kenntnis genommen werden, dass dieser Kampfplatz partiell sabotiert ist. Politik ist nun einmal ein schmutziges Geschäft.

 

Doch völlig ausgeliefert sind auch die Piraten solchen Gegnern nicht. Als den Berliner Piraten im Wahlkampf um den Senat bewusst wurde, dass gewisse Medien trotz intensiver Kommunikation vornehmlich Blödsinn schrieben, schnitten die Piraten zurück, indem sie diesen Blättern keine Interviews mehr gaben. Ohne O-Töne oder Exklusiv- und Hintergrund-Informationen verlieren politische Journalisten einen gewichtigen Teil ihrer Funktion und Autorität. Agenturmaterial durchreichen, Pressetexte altklug kommentieren und googeln kann jeder (außer vielleicht die Redaktion vom Cicero ...).

 

Hier gehts zum Original-Artikel von Markus Kompa (Heise)

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